Anfangs ist Nietzsche eher das Gegenteil. Bereits auf dem Gymnasium (einem besonders anspruchsvollen) ist er jahrelang Primus,
und die Art und Weise, wie sein Lehrer Ritschl ihn auf den Basler Lehrstuhl befördert, hat etwas Sensationelles
(und wird auch so empfunden). Etwas Sensationelles, ja Skandalträchtiges, hat auch Nietzsches
Debut als Autor
Mit seiner Geburt der Tragödie
wie mit seinen
Unzeitgemäßen Betrachtungen
, speziell der ersten und letzten, erregt Nietzsche, der zwischenzeitlich erkrankt war, sogar internationale Beachtung.
.
Erst mit seinen Schriften nach 1876 - die ohne formellen, aber innerlich umso dramatischeren
Bruch
mit
Richard Wagner
und seinen Bestrebungen publiziert werden -, gerät Nietzsche in
Vergessenheit. Obgleich er sich von seinen "sogenannten Freunden" im Stich gelassen fühlt, ist ihm bewusst,
dass er als
radikal
gilt. In der Rezension, die J.V. Widmann über
Jenseits von Gut und Böse
schrieb (
Nietzsches gefährliches Buch
) fühlt er sich zwar durchaus nicht "verkannt", aber diese Rezension ist eben die rühmliche Ausnahme.
Trotzdem ist ihm die
Attitüde des "Verkannten"
An Ida Overbeck schreibt Nietzsche am 19. Januar 1882: "ich verdanke zwei Frauen den beredtesten Ausdruck
dafür, dass meine Gedanken wirklich auch
gedacht
und bedacht werden und nicht nur gelesen (oder richtiger:
'und nicht nur
nicht
gelesen!').
Nun, das sind die Ausnahmen, und ich genieße sie ganz als Ausnahmen; die Regel war bisher: keine Wirkung oder
eine gedankenlose
Wirkung
! Sie werden mir es glauben, dass ich
deshalb nicht von den Menschen gering denke und dass von allen Mienen mir
die Miene des 'verkannten Genies' die lächerlichste dünkt. Eine
sehr langsame und lange Bahn wird das Los meiner Gedanken sein - ja ich glaube, um mich etwas
blasphemisch auszudrücken, an
mein Leben erst nach dem Tode
und an meinen Tod
während
des Lebens. Und so ist es billig und natürlich! -" (Quelle: KSB 6,156)
zuwider, was er in einem Brief ebenso prägnant wie weitsichtig formuliert.