Nietzsche lernt Wager als Student in Leipzig kennen und ist tief beeindruckt.
Dann führt ihn der Zufall nach Basel und damit in die Nähe des berühmt-berüchtigten,
in Tribschen bei Luzern lebenden Komponisten. In den persönlichen Begegnungen
wächst eine durchaus wechselseitige Wertschätzung, wenngleich
beider Interessen
Wagner ist vor allem daran gelegen, für seine "Zukunftsmusik", sein "Gesamtkunstwerk" und seine
Bayreuther Pläne nicht nur die Unterstützung von Musikern und Künstlern (und Mäzenen) zu gewinnen, sondern auch die
von Professoren. Umgekehrt sieht Nietzsche in Wagner den großen Vorreiter seiner eigenen Intentionen: einen Feind
des Philoströsen, dem es mit der Begründung einer revolutionären "neuen Kulturperiode" ernst zu sein scheint,
einen Anhänger Schopenhauers und den Erbauer einer neuen Kultstätte.
mehr komplementär als identisch sind.
Vor allem ein
leibhaftiges Genie
An Erwin Rohde, 9. Dezember 1868: "Wagner, wie ich ihn jetzt kenne,
aus seiner Musik, seinen Dichtungen, seiner Ästhetik, zum nicht geringsten Teil aus jenem glücklichen Zusammensein
mit ihm, ist die leibhaftigste Illustration dessen, was Schopenhauer ein Genie nennt: ja die Ähnlichkeit all der
einzelnen Züge ist in die Augen springend."
(Zeit seines Lebens das einzige).
Wagner ist es, der Nietzsche das
"Dionysische"
ans Herz legt und die hochproblematische Verbindung mit der Musik herstellt (die Nietzsche später fallen lässt). Damit
gefährdet er Nietzsches akademischen Status, gleicht das aber wieder aus, indem er öffentlich für ihn eintritt. An der
Aufrichtigkeit von Wagners Wertschätzung und Anteilnahme muss nicht gezweifelt werden; er sähe Nietzsche gern als Erzieher
seines Sohnes Siegfried, und umgekehrt erwägt Nietzsche, seine Professur einzutauschen gegen eine Rolle als Wanderprediger
in Sachen Bayreuth.