Nietzsche in Bonn
Die Wochen nach seinem Abgang von Schulpforta Anfang
September 1864 bis zum Studienbeginn in Bonn verbrachte Nietzsche
mit seinem Freund Paul
Deussen in Naumburg, bei Freunden oder auf Reisen.
Ein Studium an der theologischen und philologischen
Fakultät der Bonner Universität entsprach nicht wirklich
Nietzsches Neigungen. „Es fehlte“, heißt es 1868/69
in einem autobiographischen Fragment, „an einigen äußeren
Zufälligkeiten; sonst hätte ich es damals gewagt, Musiker
zu werden.“ Mitte Oktober 1864 reisten Nietzsche und Deussen
nach Bonn. Nietzsche wohnte in der Bonngasse 518/Ecke Gudenauergasse
bei Drechslermeister Oldag. Sein Zimmer mit drei großen Fenstern
lag nach der Gudenauergasse mit Blick auf die Jesuitenkirche. Das
Haus wurde 1937 abgerissen. Angeblich fand man im 1. Stock eine
Fensterscheibe, in der Nietsches Name eingeritzt war.
Auch gegen ihre eigentliche Gesinnung traten Paul
Deussen und Nietzsche im Oktober 1864 der Burschenschaft „Frankonia“
bei, die zu der Zeit wohl vornehmste aller Verbindungen. Ein Jahr
später erklärte Nietzsche wieder seinen Austritt. Im Januar
1865 entschied Nietzsche, sich nur noch auf das Philologie-Studium
zu konzentrieren. Im Mai traf Nietzsche die Entscheidung, seinem
Professor Ritschl an die Universität nach Leipzig zu folgen.
Neben weiteren bevorstehenden Annehmlichkeiten schien Ritschels
Wechsel der Hauptgrund zu sein. In Bonn fühlte sich Nietzsche
nie recht wohl. Er bezeichnete Bonn als „ungesellige Stadt“.
Unzufriedenheit mit seinem ersten Studienjahr plagten Nietzsche
ebenfalls. Am 9. August 1865 reiste Nietzsche aus Bonn ab.
Der Beitritt zur Burschenschaft „Franconia“,
der Verkehr in der Bonner Gesellschaft, die Bonner Kunstgenüsse
und der Umgang mit den Philologie-Professoren Friedrich Ritschl
und Otto Jahn waren die bemerkenswerten Ereignisse im Bonner Jahr.
Seite 1 2 3